Knapp drei Jahre nach dem ersten Spatenstich feiert die TG Neuss nun die Einweihung ihrer neuen Geschäftsstelle an der Schorlemerstraße. Auf dem Weg dorthin mussten Verein und Stadt so manche Hürde nehmen.
Es ist ein Satz, der beim ersten Hören irritiert. „Wir sind angekommen“, sagt Katrin Schillings während ihrer Begrüßung in der neuen Geschäftsstelle der Turngemeinde (TG) Neuss. Immerhin steht die Erste Vorsitzende einem Verein vor, der 1848 in Neuss gegründet wurde und aktuell mit mehr als 5200 Mitgliedern der größte seiner Art in der Stadt ist.
Und doch umschreibt der Satz die Situation der Turngemeinde in den vergangenen Jahren gut. Denn bevor die neuen Räume an der Schorlemerstraße im bescheidenen Rahmen jüngst eingeweiht wurden, hat der Verein einiges an Arbeit, Geld, Ausdauer und Geduld investiert.
Seit 1987 gab es immer wieder Überlegungen, die Geschäftsstelle des Vereins umzubauen oder an anderen Standorten im Stadtgebiet unterzubringen. 22 von den insgesamt 25 Planungen hat TG-Geschäftsführer Klaus Ehren begleitet. Der zeigt sich beim Rundgang durch die Räumlichkeiten sichtlich erleichtert. „Ich bin voll zufrieden, dass wir jetzt hier sein können. Es ist schöner, als wir es uns vorgestellt haben.“
Der Weg dorthin, und damit ist auch das Ankommen gemeint, war lang und steinig. Einer, der davon berichten kann, ist Mario Meyen, unter dessen Führung das Bauvorhaben angestoßen wurde. Der TG-Ehrenvorsitzende erinnert sich, dass sein erster Termin als Vereinsvorsitzender ein Gespräch mit der Stadt über eben jenes Projekt war. „Wir haben versucht, diese wahnsinnig dicken Bretter zu bohren.“
Und selbst nachdem der Umbau der Geschäftsstelle – diese wurde in den 1950er-Jahren erbaut – beschlossen war, verliefen die Arbeiten an der Schorlemerstraße nicht immer reibungslos. So wurde das große Bauprojekt etwa gleich nach dem Spatenstich im März 2023 für einige Monate wieder ausgebremst.
Grund war der Befund des Kampfmittelräumdienstes, vor dem Klaus Ehren laut eigener Aussage den „größten Bammel“ hatte. Weil das Baugelände direkt am Bahndamm liegt, vermutete man viele Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg in diesem Bereich. Insgesamt fanden die Kampfmittelbeseitiger auch 20 Verdachtsfälle – von denen stellte sich aber keiner als Kampfmittel heraus.
Gleichwohl musste zeitintensiv jedem Verdachtsfall nachgegangen werden. Metertiefe Schächte mussten gegraben und der Abraum auf einer speziellen Deponie entsorgt werden. Während der Bauarbeiten war die Geschäftsstelle in einer Wohnung nebenan ausgelagert, die vier Arbeitsplätze für die zehn hauptamtlichen Mitarbeiter bot. Viel musste das Team rund um Ehren improvisieren, Schillings spricht von einer „Wahnsinnsarbeit für die Geschäftsführung“.
Und auch beim Geld mussten Lösungen gefunden werden. Denn die Kosten für das Projekt erhöhten sich während des Baus von 7,7 auf 10,5 Millionen Euro. Geld, das von Verein und Stadt aufgebracht werden musste. Das Land NRW stellte indes 900.000 Euro aus dem Programm „Moderne Sportstätten 2022“ zur Verfügung.
Der Neubau umfasst neben Büroräumen auch ein Foyer sowie mehrere Sportstätten. Mit dem Standard „EG 40“ gehört er innerhalb dieser Landesförderung zu den modernsten Bauten. So ist etwa auf dem Dach eine PV-Anlage installiert. Mit dem daraus gewonnen Strom wird der Verwaltungstrakt energetisch versorgt und die installierten E-Ladesäulen betrieben.
Nach all diesen Strapazen ist verständlich, warum Schillings sagt: „Wir sind angekommen.“ Die Erste Vorsitzende der Turngemeinde richtet den Blick nun nach vorne und in die Zukunft. Durch den neuen Komplex könne künftig das Sportangebot ausgeweitet werden. „Es wurde modernster Sportraum für die Stadtgesellschaft geschaffen.“
Bürgermeister Reiner Breuer sprach von einem „neuen alten Zuhause“ für die TG, „ein offenes Haus für die Bürgerinnen und Bürger.“ Gleichzeitig sagte der Bürgermeister: „Die Odyssee war lang“.
Nach wie vor wird an der Schorlemerstraße aber weitergearbeitet. Denn einige Teile des Komplexes sind noch nicht fertig. Geplant ist, dass die Sportstätten im kommenden Jahr in Betrieb genommen werden. Schillings ist sich sicher: „Es ist ein Ort, der unseren Verein prägen und stärken wird.“
NGZ vom 04.12.2025 von Sebastian Beeg
Foto: Melanie Zanin
